Kritik zu „ABSOLUTELY FABULOUS: THE MOVIE“ (UK/USA 2016) von Peter Scheinpflug

Katharina Görgen und Peter Scheinpflug teilten sich für geraume Zeit ein gemeinsames Büro und lieben Filme über alles – nur nicht dieselben Filme. Dafür streiten sie sehr gerne. Und daher schreiben sie Kritiken zu denselben Filmen. Viel Spaß beim Lesen!

Die Expendables der Mode-Schickeria

Auf der Insel sind die Abenteuer von Jennifer Saunders als PR-Desaster Edina Monsoon und Joanna Lumley als umtriebige Mode-Redakteurin Patsy Stone in der Sitcom Absolutely Fabulous zu Straßenfegern avanciert. Die feier-, luxus- und exzesssüchtigen Diven dürfen es nun auch auf der großen Leinwand tolldreist treiben.

Weil Edina und ihre unermüdlich schmarotzende Freundin Patsy bis zum finanziellen Ruin gefeiert haben, will Edina Kate Moss als Kundin gewinnen. Dummerweise stößt sie im überhitzten Wettstreit mit einer verhassten, weil ebenso erfolgreichen wie missgünstigen Konkurrentin Kate Moss in die Themse und mutmaßlich in ein nasses Grab. Da auch Patsy dadurch ihren Job verliert, machen sich beide nach Cannes auf, um vor der traumhaften Kulisse der Côte d’Azur einen reichen Mann zu heiraten und möglichst schnell sein Erbe anzutreten. Am Ende konfrontiert die Protagonistin ihre Ängste vorm Älterwerden und die von ihr entfremdete Tochter, mit der sie sich aussöhnt. Dabei raucht Patsy mit ebenso beachtlich eleganter wie stoischer Haltung eine Zigarette, während ihnen das Wasser immer höher zu Halse steigt.

Seine Sitcom-Vergangenheit ist dem Film deutlich anzumerken: Es mangelt an einer stringenten Handlung. Stattdessen gestaltet sich der Film eher wie eine überbordende Kette einzelner Sketche und grotesker Situationen. Diese sind teils brillant, teils übelst derb. Für letzteres ist vor allem Patsy zuständig, die sich Botox als morgendliche Katzenwäsche spritzt und zum Frühstück (aber eigentlich auch zu Mittags- und Abendessen sowie dazwischen und überhaupt bei jeder Gelegenheit) am liebsten Champagner schlürft – oder eben die Flasche ableckt, wenn der Champagner-Vorrat erschöpft ist.

Wer wie ich mit der Fernsehserie nicht vertraut ist, mag an mancher Stelle das Gefühl haben, dass einige Pointen ohne das Vorwissen verloren gehen. Das ist aber verschmerzbar in Anbetracht der vielen wunderbar politisch inkorrekten Gags. Dabei gelingen dem Film auch einige überaus bissige Kommentare zur Modewelt, zu Medien, zur Digitalkultur und zu Celebrities. Richtig tiefschürfend und subversiv wird es nie, aber auch nie trostlos langweilig. Dafür sorgen nicht zuletzt die unzähligen Cameos unter anderem von Kate Moss, Sadie Frost, Jerry Hall, Emma Bunton, MAD-MEN-Star John Hamm und Modezar Jean-Paul Gaultier, die mehrheitlich einen wunderbaren Sinn für Selbstironie beweisen.

Wenn Edina und Patsy in der ersten Szene bereits zugedröhnt auf den Laufsteg einer Modenschau stolpern, um den sichtlich verwirrten und angewiderten Modedesigner zu umarmen, wird deutlich, wie deplatziert das respektlose Treiben der beiden schrillen Figuren ist. Wie ihre männlichen Counterparts, die als Expendables trotz Alter und körperlicher Schwächen immer noch die Welt retten wollen, sehen aber auch die beiden Protagonistinnen nicht ein, warum sie aus Altersgründen auf ihren gewohnten Lebensstil verzichten sollten. Anfangs mutet dies noch etwas erbärmlich und lächerlich an. Man kann sich dem Bann der beiden tragischen Heldinnen und ihrem Beharren, dass es kein ‚zu alt‘ für Partys und Unsinn gibt, jedoch kaum entziehen. Wenn sie allen Widerständen und Beleidigungen zum Trotz mit anhaltender Energie und Begeisterung von einer ebenso unüberlegten wie unverantwortlichen Tat zur nächsten eilen, werden sie zu einem irgendwie sympathischen und ergreifenden Plädoyer gegen Jugend- und Schönheitswahn.

Kitschig wird der Nonsense dabei definitiv nie. Dafür ist alles einfach zu schrill, frivol und anarchisch. Der Film ist im besten Sinne des Wortes ‚gaga‘. Man muss diese Art von schrillem, derbem, aller political correctness spottendem britischem Humor allerdings mögen, sonst werden die ca. 90 Minuten Laufzeit zu einer schier nicht enden wollenden Zeit des Fremdschämens und Kopfschüttelns.

Peter Scheinpflug