Respondenz-Kritik zu „ABSOLUTELY FABULOUS: THE MOVIE“ (UK/USA 2016) von Katharina Görgen

Katharina Görgen und Peter Scheinpflug teilten sich für geraume Zeit ein gemeinsames Büro und lieben Filme über alles – nur nicht dieselben Filme. Dafür streiten sie sehr gerne. Und daher schreiben sie Kritiken zu denselben Filmen. Viel Spaß beim Lesen!

Absolutely fabulous – so viel sei gleich zu Beginn gesagt – ist das Machwerk von Mandie Fletcher nicht. Zu behaupten, die einzelnen Szenen seien dramtaturgisch nur lose verknüpft, wäre bereits geschmeichelt. Allerdings kommt auch zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, dass hier tatsächlich eine stringente Geschichte erzählt oder gar großes Kino gemacht werden sollte. Es geht hier einzig und allein um Edina und Patsy, die beiden gealterten Ikonen, die noch immer gnaden- und kompromisslos auf der Suche nach „bloody good fun“ sind.

Beide leben den Jugendwahn jenseits des biologisch Machbaren konsequent. Ihr Leben dreht sich um Champagner, Mode und Männer, wobei letztere ausschließlich als Spaßfaktor oder als Geldquelle in Erwägung gezogen werden. In der weichgezeichneten Traumversion ihres Lebens stehen die beiden auf einer Jacht, auf der sich auch zwei absolut anonyme, gut gebaute Jünglinge bräunen. So lässig nebensächlich wurde die männliche Existenz schon lange nicht mehr auf sexuelle Gefälligkeiten reduziert. Die Realität der beiden sieht jedoch anders aus: Während sich die gealterten Herren weiterhin mit 20jährigen amüsieren und nicht daran denken, die Gespielin von einst zu heiraten, müssen die Damen hinter verschlossenen Türen ohne Männer feiern. Dabei hat sich weder ihr Verhalten, noch ihr Kleidungsstil mit dem Alter geändert. Unbeirrt humpelt sie auf High Heels durch den Film, was de Fakto zwar ein ungewohnter Anblick, aber mit 60 auch nur unwesentlich blöder als mit 20 ist. In Schneewittchen wird das Drama durch einen Spiegel ausgelöst, der zwar die Wahrheit sagt, wenn er auf eine Schönere verweist, jedoch nie Aussagen zu ihrem Charakter, ihrem Bildungsgrad oder gar ihrer Liebenswürdigkeit macht. Die Jahrhunderte alte Angst vor dem Spiegel haben Patsy und Edina überkommen. Sie sind der Spiegel der jeweils anderen und können aus tiefster Überzeugung nie etwas anders diagnostizieren als „You are looking absolutely fabulous“. Letztendlich ist hier das Gegenteil eines buddy films entstanden, ein Genre, das beschämender Weise noch nicht mal einen Namen hat, da zwei weibliche Hauptfiguren außerhalb der romantischen Komödie oder des Tanzfilms eine absolute Seltenheit sind. So gesehen hält uns der Film einen Spiegel vor. Können wir uns nicht doch ein bisschen mit einer Figur identifizieren, die ganz im Sinne der Leistungsgesellschaft von ihrem auf dem Klo platzierten Buddha mit „where is my fucking enlightment?“ Ergebnisse fordert? Nur für den Fall, dass auch uns die Erleuchtung nicht gegönnt wird sollten wir uns alle schnell noch eine bff suchen, für die wir in jeder Lebenslage immer und ausschließlich fabulous sind.

Katharina Görgen