„I tried so hard“… 

singen Linkin Park in ihrer erfolgreichsten Single von 2001. Und so fühle ich beim Verlassen der Vernissage von „Hard Return“ in der Temporary Gallery am Mauritiuswall. Die Ausstellung des belgischen Künstlers Olivier Foulon öffnete am Abend des 1. Dezember ihre Pforten und wird sich noch bis zum 4. März 2018 den Blicken des Publikums in den Räumlichkeiten am Mauritiuswall stellen.

Der Blick trifft: Blumen von unten. Decke. Lampe. Soso. Etwa dreißig Bilder, Digitaldruck auf Bistol-Karton, 65x50cm. Zwei Räume, eine Wand. Mehr Blumen von unten, rosafarben, orange, jetzt auch ein Feuermelder. Das Gesicht einer weiblichen Person zum Ende der offenbar zeitlich gestuften Reihe. Dazwischen das Foto einer Seite aus einem französischsprachigen Buch, das Vorwort, vielleicht ein Poststrukturalist? Rhetorik der Kombination: Der Versuch, dunkle Bilder mit dunkleren Texten zu erhellen.

[Bleiben dunkel.]

Und das obwohl, kritisch geschult, ich ja schon gar nicht mehr versuche, stumpf herauszufinden, was der Künstler mir damit sagen will. Nein. Ich ziehe alle Register hermeneutischer, phänomenologischer, semiotischer, psychoanalytischer, [you name it] Deutungsarbeit und schiebe sie hastig in den Orgelkasten zurück, lasse die Bilder auch auf mich wirken, ohne den unbedingten Anspruch, sie verstehen zu müssen. Ich strenge mich an, doch komme nicht sehr weit. Ich konsultiere den Begleittext: „Olivier Foulon (geboren 1976 in Brüssel, lebt in Berlin) befasst sich mit der Beschaffenheit von fotografischen Bildern. Er montiert Ausdrucke der Bilder auf Karton, eines neben dem anderen. So entsteht nicht durch eine persönliche Auswahl, sondern aus der Vielzahl von Ausdrucken von Momenten des Ausdrucks eine Serie.“ So schreibt die Galerie über Ihren neuesten Besetzer. Ich denke – Wer aus der Kontingenz des Arrangements die Entscheidung der Hängung hinter der Montage durch den Künstler versteckt, scheint der Belastbarkeit des eigenen Ausstellungskonzepts nicht ganz zu trauen… oder?

Wer sich der Belastbarkeit des eigenen ästhetischen Urteils nicht sicher ist, schaut anderen Rezensenten auf die Buchstaben: Auch der Kölner Stadtanzeiger ist skeptisch – und lässt sich schließlich doch (wenn auch offen widerwillig) dazu verleiten, der vulgär-epistem-ontologischen Unterfütterung des Künstlers zu ihrem Recht zu verhelfen. „Was bedeutet es, die Welt durch einen Sucher zu sehen? Was heißt es, sich ein Bild zu machen? Warum sieht dasselbe nicht immer gleich aus? Und was ist das überhaupt – ein Bild?“ (Quelle: https://www.ksta.de/29025408 ©2017)

Fragen, die fraglos ihre Berechtigung haben. Im akademischen Raum, in der künstlerischen Praxis und, ja, auch im Ausstellungsraum. Keine neuen Fragen, versteht sich. (https://www.uni-due.de/imperia/md/content/procede/boehm_die_bilderfrage.pdf) Doch Fragen, deren konstitutive Unbeantwortbarkeit kein Grund ihrer Unterdrückung oder dialektischen Überwindung zugunsten eines unhinterfragbaren „Einfach-so-seins“ des Bildes sein sollte. Im Übrigen Fragen, die in keinster Weise von der ausgewählten Bilderserie angestoßen werden. Oder besser: Fragen, die von dieser Bildserie genauso ausgelöst werden, wie von jeder anderen Comic-Strip-Sequenz indexikalischer Bilderfolgen, die zeitliche und räumliche Kontinuierlichkeit implizieren.

Weil ich meiner eigenen instinktiven Abwertung misstraue, besuche ich die Ausstellung eine Woche nach der Eröffnung ein zweites Mal. Doch meine kulturkonservative Skepsis lässt sich an dieser Stelle leider nicht kathartisch auflösen. Blumen von unten. Decke. Lampe. Soso. „I tried so hard“ singen nicht nur Linkin Park, auch Eminem, Akon, Gene Clark. Dass die Leserin die Zeilen gedanklich mit der Stimme Mike Shinodas unterlegt, verdankt sie nur dem Hinweis der Autorin. Und das Video zu „In the End“ steht übrigens auch für den Kreislauf des Lebens. Alles klar jetzt?

Fazit: Wer zum Ende der Woche ohnehin um den Neumarkt herum unterwegs ist, sollte trotzdem die Gelegenheit nutzen, die Temporary Gallery am Mauritiuswall 35 einmal aufzusuchen. Der Raum ist schön und neben dem Eingang hängen viele Hinweise auf spannende Ausstellungen und Veranstaltungen in der Umgebung. Das ist sehr fein.

 

HARD RETURN
Olivier Foulon
2. Dezember 2017 – 4. März 2018
Temporary Gallery
Mauritiuswall 35
50676 Köln