Leere Straßen, leere Parks und eine leere Uni: Der Lockdown trifft viele hart. Da fast alle Präsenzveranstaltungen in der Uni abgesagt und auf Online-Lehrformate umgestellt wurden, hat sich der gesamte Alltag der Studierenden in die eigenen vier Wände verlagert. 40 Student:innen der Medienkulturwissenschaft berichten, wie sie mit ihrer neuen Situation umgehen. Können sie Veränderungen in Produktivität und Alltagsgestaltung feststellen? Und haben sich vielleicht sogar neue Hobbys entdeckt?
Aufstehen, lesen, Netflix, essen, lernen, schlafen,… so sieht momentan mein Alltag aus. Ein sehr eintöniges Leben, möchte man meinen. Doch: Besonders seit dem zweiten Lockdown haben sich meine Kreativität und Konzentration um ein Vielfaches gesteigert. Ich hätte mir letztes Jahr nie vorstellen können, täglich freiwillig mehrere Stunden zu lesen. Dieses Jahr habe ich nun über 30 Bücher geschafft. Mein Alltag hat durch seine Struktur viel mehr Platz für ruhigere Aktivitäten wie Lesen, Malen, oder Spazierengehen. Den ersten Lockdown, zum Vergleich, bin ich ganz anders angegangen: mein Tag war vollkommen mit Aktivitäten gefüllt. HIIT-Workouts, Joggen, Yoga, Inliner fahren… ich konnte kaum still sitzen. Und Langeweile war deshalb nie weit entfernt. Nun, Lockdowns scheinen Gewöhnungssache zu sein. Denn meine neu gewonnene Tiefenentspannung ist erst im zweiten Lockdown aufgetaucht.
Und wie geht es meinen Mitstudierenden in diesem zweiten Lockdown? Konnten sie ebenfalls eine angenehme Entwicklung durchleben?
Malte hat, besonders im Vergleich zum ersten Lockdown, eine gute Lernroutine entwickelt. „Ich bin viel weniger am Handy und lese stattdessen viel mehr“, sagt der 21-Jährige. Aber es habe sich nicht alles gebessert im Vergleich zum ersten Lockdown: Aufgrund des kalten Wetters muss er auf das tägliche Frühstück mit seinen Nachbarn verzichten. Dieses konnte an sommerlichen Tagen mit Abstand im nah gelegenen Park stattfinden. Der Geografiestudent hat dafür aber neue Hobbys entwickelt: „Ich habe angefangen Zeitung zu lesen und mir ein E-Schlagzeug geholt.“ Auch scheint er -paradoxerweise- sozialer geworden zu sein: „Ich hätte mir vor Corona nie vorstellen können, mit wildfremden Menschen im Internet Spiele zu spielen.“
Verenas erster Lockdown war eine weniger angenehme Erfahrung. Ihre Motivation neue Hobbys und Tätigkeiten zu entwickeln wurde schnell zu einem Selbst-Optimierungszwang. „Es wurde zunehmend zur Qual, meinen Tag sinnvoll zu füllen“, so die 27-Jährige. Es fiel ihr sehr schwer, Struktur in ihren Alltag zu bringen. Diese Struktur versucht sie jetzt während des zweiten Lockdowns nicht mehr zu erzwingen: „Ich gehe jetzt öfter spazieren und versuche, mir für jeden Tag nur eine Aufgabe zu stellen; sei es einkaufen zu gehen oder einen Artikel zu lesen. Der Rest kommt dann irgendwie von ganz alleine.“
Die Erlebnisse der Studierenden scheinen sich zu teilen. Alltagsgestaltung und Produktivität scheinen von Person, Situation und Lockdown zu differieren. Ich habe 40 Studierende der Medienkulturwissenschaft nach ihrem Erleben der Pandemie befragt. Während 53 Prozent der befragten Personen angeben durch die Lockdowns produktiver geworden zu sein, geben 66 Prozent an, dass der zweite Lockdown ihnen deutlich mehr zu schaffen macht. Dies scheint insbesondere mit der Jahreszeit zusammenzuhängen. Auf ein Treffen bei diesem nass-kalten Wetter haben die Wenigsten Lust. 50 Prozent der Teilnehmer:innen geben dafür an, neue Hobbys gefunden zu haben. Und ganze 53 Prozent haben durch die Isolation angefangen, mehr zu lesen. Ich bin gespannt, wie sich die Alltagsgestaltung der Kölner Studierenden noch mit Fortschreiten der Pandemie verändern wird. Ich jedenfalls habe vor Jonglieren und Französisch zu lernen. Aber jetzt gucke ich erstmal eine Folge Queens Gambit.