Das Wortcafé Ehrenfeld bringt Künstler*innen zusammen

„Was wäre dieses Deutschland ohne uns?“ – und das Publikum antwortete singend im Chor: „Nichts! Es wäre nichts!“. Aufstehen und Bewegen war Ansage in Molleys Rapmusik, und er zeigte sich beeindruckt von der Energie und Partizipation des Publikums. Fünf Künstler und Künstlerinnen waren aufgetreten und hatten einen wohlformenden Flow von Poesie, Witz und Musik vorgestellt. Man sah sie zusammen auf Sofa und Sessel sitzen und Gespräche führen, die sowohl Herz als auch Verstand ansprachen. Viele warme Lampen erhellten den Raum, die Klappholzstühle waren eng beieinander gereiht und die Bar nahm den Rest des Raumes ein. Das Getränk in der Hand wurde nur beiseitegestellt, um heftig zu applaudieren. So sah es in der Herbstnacht am 22. November im Kölner Künstler Theater in Ehrenfeld aus.

Von links nach rechts: Fatima Talalini, Lia L. Shoshann, Molley, Jouhaina Lahchaichi, Aidin Halimi, Katharina Kohler
Foto: Vanessa Wojcik

Together Unique

Das KKT in Ehrenfeld, mit direkter Stadtbahnanbindung zur Venloer Straße/Gürtel, ist ein kleines Kinder- und Jugendtheater, das sich nicht scheut, auf neuen Wegen Künstler*innen zu integrieren. Diese vierte Abendveranstaltung „Wortcafé“ in der Reihe „Who presents whom – Together Unique“ brachte fünf Künstler und Künstlerinnen zusammen, die jeweils drei Werke in einen Mix aus Texten, Poesie und Musik präsentierten und zusammen ein Gespräch führten. In dem gemütlichen Eingangssaal des KKTs hatte die Veranstalterin und Moderatorin Katharina Kohler ihre Idee verwirklicht und äußerte ihre Zufriedenheit mit der schönen Zeit, die Künstler*innen und Publikum an diesem Abend erleben konnten. Nach Ende der Vorstellung haben sich viele der Besucher*innen persönlich an die Künstler*innen gewendet und sogar in Schlange gewartet, um ihren Dank, Ideen und Gefühle für die Werke zu äußern.

Held*innen für eine Nacht

Der Abend begann kräftig mit Jouhainas hoffnungsvollen Texten über Alltagsrassismus und Diskriminierung. Mit ihrem Mitmach-Text Das Gemälde dichtet sie vom Leben als „unser aller Wunsch-Kunstwerk“ und offenbart neben ihrer Poesie die eigenen Herausforderungen mit Diskriminierung in der Schule.

Nach so viel Rührung hatte das Publikum auch reichlich Ausgleich mit dem Autor und Deutschlehrer Aidin Halimi und seinen absurden Begegnungen mit der deutschen Sprache. Sein Text Ich brauche nicht Artikel hat eine selbsterklärende stilistische Eigenheit. Unter dem Titel Bindestrich befinden sich Stolpersteine und Identitätsverwirrungen, die der Deutsch-Iraner auflöst: Man soll mit den Bindestrichen Brücken bauen.

Journalistin und Slam-Poetin Fatima brachte das Publikum ebenso leicht zum Schmunzeln und Nachdenken. Mit ihren Texten Was ich so auf Partys mache und Aufräumen nimmt sie Stellung zu ihrer Berufstätigkeit und erzählt mit erschöpftem Ton, wie man sich selbst erklären muss, wenn der Name nicht zum Aussehen passt. Die Beiträge knüpften ohne vorherige Absprache thematisch aneinander an, denn jede*r von ihnen integrierte persönliche Hürden und Identitätsfragen in seine und ihre Werke.

Melancholische Musik klang durch den Raum mit Musikerin Lia und ihrer Gitarre, mal flüsternd, mal gebrochen und mal lauthals. To breathe ist für sie, sich von jemanden zu lösen. Das Publikum hörte gebannt zu. Themen in den Gesprächen, die die Moderatorin führe, drehten sich um die Kunst des Poetry-Slams, die Vermittlung von gesellschaftlichen und persönlichen Themen, sowie auch Fragen nach einer perfekten Welt für die Kulturszene. Alle fünf hatten auch reichlich über Pannen und peinliche Momente auf der Bühne zu berichten.

Das Publikum war bis zum Ende hin sehr amüsiert und hat nach Zugabe gerufen, um den Abend noch ausdehnen zu können. „Ich bin ein Gewinner!“ hallte es das letzte Mal durch das Café als Molley – Musiker für Rap, Afro-Beats und Indie-Soul – den Song abbrach, um dem Publikum zu sagen, wie Worte uns prägen und dass wir an uns selbst glauben sollten.

Alle Künstler*innen freuen sich sehr, wenn man Interesse an ihren Werken zeigt, und sind für die Öffentlichkeit auf Instagram aktiv unter den Namen @jhn_2, @Molley.liebeimmer, @Lialshoshann, @aidinhalimi.echt, und Fatima auf der Website www.fatima-talalini.blogspot.de.