Kritik zu „SUICIDE SQUAD“ (USA 2016) von Katharina Görgen

Katharina Görgen und Peter Scheinpflug teilten sich für geraume Zeit ein gemeinsames Büro und lieben Filme über alles – nur nicht dieselben Filme. Dafür streiten sie sehr gerne. Und daher schreiben sie Kritiken zu denselben Filmen. Viel Spaß beim Lesen!

Recht früh im Film – bevor das endlose und zweckfreie Geballere so richtig Fahrt aufnimmt – moniert Deadshot, die Pep Talks der Führungsriege ließen zu wünschen übrig. Warum genau sollte eine Bande psychisch eher mehr als weniger gestörter Schwerverbrecher für die Regierung arbeiten? Die überzeugende, aber für nur wenig Sympathien sorgende Antwort – wenn sie es nicht tun, werden per Fernsteuerung ihre Köpfe zum Explodieren gebracht – zeigt in etwa, wie viel Mühe man sich hier mit Logik, Figurenentwicklung oder dem Drehbuch insgesamt gemacht hat.

Mit dem Holzhammer werden in Flashbacks Motivationen jenseits des Plausiblen aufgefahren, die samt peppigem Soundtrack genauso schnell wieder verschwinden wie der namenlose Kämpfer, dessen Kopf beim Fluchtversuch dann tatsächlich zur Explosion gebracht wird. Wie es scheint, hat die US-Führungsriege den Unterschied zwischen Angst und Motivation noch immer nicht verstanden, was dann auch gleich massive Konsequenzen hat. Die Enchantress, eine magische Identität aufgestiegen aus Gräbern irgendwo auf der Welt, wird als Geheimwaffe eingesetzt, die zu Demonstrationszwecken iranische Waffenprogrammdokumente klaut, während der Rest des „Teams to be“ noch in Gefängnissen lustvoll von Vertretern der Armee gequält wird. (Historisch hat es sich schließlich mehr als bewährt, zukünftige Alliierte so intensiv, kreativ und ausgiebig wie möglich zu foltern.) Man meint die uralte Kraft der Enchantress unter Kontrolle zu haben, solange ihr Herz in einem kleinen Köfferchen mit herum getragen und als Strafe gerne mal gepiesackt wird. Eine völlig unvorhersehbare Wendung also, wenn die Strategie schief läuft und die Enchantress lieber wieder mit ihrem Bruder – den die offensichtlich nur 5 Minuten andauernden Recherchen der Regierung zu ihrer mystischen Geheimwaffe wohl irgendwie übersehen haben – die Welt unterwerfen möchte, statt für eine sie nicht respektierende Regierung zu spionieren. Also tut sie, was böse Frauen halt so tun, wenn sie ihren Einflussbereich zu vergrößern gedenken: Sie küsst Unbekannte, um sie dadurch in Soldaten zu verwandeln, und schwingt die Hüften in einem kosmischen, sehr, sehr bösen Rhythmus. Warum sie sich so verhält? Who knows. Vielleicht tanzen magische Wesen einfach gerne, vielleicht dachten sich die Macher aber auch, sie könnten durch die sanft schwingenden und natürlich kaum bekleideten Hüften Cara Delevignes von ihrem überschaubaren Schauspieltalent oder den zahllosen Lücken in der Story ablenken. Klappt aber nicht, da die Szenen so albern daher kommen, dass reichlich Zeit bleibt, darüber zu philosophieren, warum ein weiterer Fantasyfilm meint, alle weiblichen Figuren – durch die Jahrhunderte und Superkräfte hinweg – wenig bekleidet in den Kampf ziehen lassen zu müssen. Weil Frauen aber ja Multitasking fähig sind, können sie Hüftschwung und emotionale Teilhabe gleichzeitig, weshalb es auch die supergestörte Blondine ist, die ganz im Sinne der Geschlechterklischees für Team Spirit sorgt. Dabei will auch sie eigentlich nur geliebt werden. Einer der traurigsten Höhepunkte des Films zeigt uns dann auch gleich was Harley Quinn stellvertretend für alle innovativen, mächtigen und unkonventionellen Frauen wirklich will: einen Mann, zwei kleine Kinder und die blondierten Haare in Lockenwicklern. Kampfkunst, strategisches Denken und auch Humor dienen Frauen nämlich alle nur dazu, endlich den einen Durchschnittstypen zu finden, der ihnen Babys macht und das Haus im Vorort finanziert. Spätestens hier kommt mir der Gedanke, dass der Titel „Suicide Squad“ vielleicht das einzig ehrliche an dem Film ist. Haben die Macher doch erkannt, dass der Film im Publikum einen akuten Todeswunsch auslösen wird? Ob mit dem Präzisionsgewehr, dem Schwert, in dem die Seele des Gattens lebt, durch Feuer oder auch mit dem Baseballschläger: Habt Erbarmen mit mir und tut es schnell.

Katharina Görgen