Stell dir folgendes vor. Du betrittst einen Club. Hast Lust auf feiern. Du gehst am Türsteher vorbei. Erstmal nichts Außergewöhnliches. Du begibst dich im Anschluss zur Garderobe, willst deine schwere Jacke abgeben – diese wird von einem Mann angenommen. Weiter gehts zum Dancefloor. Du hast Lust auf ein Bier, ab zur Bar. Auch hier sind nur männliche Barkeeper. Langsam fällt dir etwas auf – du schaust dich im Club um – was fehlt? Richtig, die Frauen. Weder am Eingang, noch an der Theke – am Pult spielt ebenfalls ein männlicher DJ und auf der Tanzfläche herrscht eine gähnende Leere. Und hast du Lust auf so eine Party zu gehen? Nein? Ohne die Präsenz schöner Frauen würden wohl die meisten Clubs schnell dicht machen. Denn was für viele Männer leider im Mittelpunkt steht, ist was fürs Auge. Welche Fähigkeiten die Person aufweist, spielt dabei eher selten eine Rolle. Hauptsache was zum Gaffen. Der weibliche Part spielt demnach eine sehr wichtige Rolle, wenn es ums Verkaufen geht, leider auf der falschen Seite. Positionen wie Booker, Clubveranstalter, Performer oder Musikjournalist werden gerne mal an das männliche Geschlecht abgegeben. Warum das so ist, kann ich mir nicht erklären, immerhin arbeiten wir mindestens genauso hart und verdienen somit die gleiche Anerkennung. Wenn man sich die Line-ups von Clubs oder Festivals einmal genauer anschaut, fällt schnell auf, dass diese größtenteils oder gar komplett mit männlichen Namen besetzt sind. In einem Bereich sind wir jedoch unverzichtbar, und zwar dann, wenn es um ein schönes Erscheinungsbild geht und darum, damit möglichst viel Geld zu verdienen. Schon mal darüber nachgedacht, warum die meisten Clubs ihre Theken, Mischpulte oder Garderoben nur mit attraktiven Gesichtern schmücken?
Auch heute noch werden wir Frauen stark von Männern dominiert und das in den unterschiedlichsten Branchen. Sehr auffällig ist dabei jedoch die Musikbranche. Besonders im Bereich der elektronischen Musik kann man noch lange nicht von Gender Equality sprechen. Frauen sind in der Tat von großer Bedeutung in Clubs, denn ohne uns würde wohl nichts laufen. Ich selbst weiß genau wovon ich spreche, denn mein Leben lang erhielt ich den ein oder anderen Vorteil für ein hübsches Erscheinungsbild. Auch in dem Nachtclub, in welchem ich als Barkeeperin arbeitete, wurde ich immer wieder mit Sexismus konfrontiert. Nahezu jeden Abend wurde ich dazu aufgefordert, mehr zu lächeln. Ich würde so hübsch aussehen, wenn ich lächle, sagten sie. Der Drink schmeckte dadurch wohl kaum besser. Das Selbstbewusstsein des Mannes aber stieg. Dass mich die Männer an meiner Arbeit hinderten, störte diese auch eher weniger.
Willst du wissen, was das Traurige dabei ist? Ich habe es gemacht. Ich lächele aus zwei Gründen. Zum einen, damit mir der Typ nicht mehr auf die Nerven geht. Auf der anderen Seite gibt es noch die Sorte von Männern, die eine Abfuhr nicht verkraften und sich dann beim Chef beschweren. Einmal ist in Ordnung, bei häufigerem Auftreten kann dies jedoch schnell zum Rausschmiss führen. Ich denke, ich spreche hier für nahezu alle Frauen, die im Nachtleben arbeiten. Sex sells. Ändern wird sich nichts, wenn nicht alle an einem Strang ziehen.
Das war nur ein kleiner Einblick aus meinem Leben. Es mag nicht besonders schockierend sein, jedoch beschreibt es die tägliche Situation einer Frau ganz gut. Ein großer Freund von Heuchelei war ich nie, aber Diskussionen sind mir in diesen Fällen einfach zu blöd. Trotzdem kann ich mit solchen Situationen recht gut umgehen und es an mir abperlen lassen. Zum Nachdenken hat es mich dennoch gebracht. Nicht jede Frau kann mit sexistischen Bemerkungen oder Verhaltensweisen umgehen. Viele enden weinend auf der Damentoilette. Sobald sie diese verlassen, ist ihnen schon nicht mehr anzusehen, wie sehr sie das mitnimmt. Und das ist das Problem: Wir nehmen vieles einfach hin, ohne etwas dagegen zu tun. Denn selbst wenn man sich dann endlich mal traut, den Mund aufzumachen, wird man ja doch nicht für voll genommen.
Auch hierzu habe ich eine kleine Geschichte. Eine Zeit lang habe ich für eine große Firma gearbeitet, in welcher unser Team in unterschiedliche Büros aufgeteilt war. Ich war bei den Studierenden im Zimmer. Der Chef sowie andere Kollegen hatten separate Büros. Zu Beginn mussten wir alle Schulungen bei einem der Techniker absolvieren. Drei Männer im selben Alter boten diese an. Mitte vierzig. Einer von ihnen nahm sich ziemlich viel heraus und belästigte mehrere Studentinnen. Eines Tages nahmen sie ihren ganzen Mut zusammen und gingen zum Chef. Sie gaben eine offizielle Beschwerde ab. Wie sich herausstellte, war dies nicht das erste Mal. Es wurde totgeschwiegen. Er arbeitet noch heute dort. Es passiert überall. Und das jeden Tag. Jede Stunde. Jede Minute. Sogar jede Sekunde.
Ich hoffe, ihr stimmt mir zu, wenn ich meine Stimme für uns erhebe. Wir möchten nicht länger als Randerscheinungen tätig sein – wir wollen mitmischen.