Wenn draußen wieder eisige Wintertemperaturen herrschen und mit dem Semesterende die Prüfungsphase immer näher rückt, braucht es manchmal einen richtigen Wohlfühlfilm, um wieder auf andere Gedanken zu kommen und so richtig abschalten zu können. Deshalb stellen euch die Autor*innen der Medienredaktion in dieser Ausgabe unserer Filmklassiker-Reihe ihre Favoriten in Sachen Feel-Good-Filme und -Serien vor: Heartstopper (2022-), Crazy, Stupid, Love (2011), Captain Fantastic (2016) und Jurassic Park (1993). Also lasst euch inspirieren, schnappt euch das Heißgetränk eurer Wahl, und schon seid ihr bereit für den perfekten Wohlfühl-Kinoabend!
Heartstopper – Staffel 1
Ein Außenseiter verliebt sich in den Star der Schule – eine nicht unbeliebte Exposition für Filme und Serien. Meistens aber in einer heterosexuellen Konstellation, wenn man mal von Handsome Devil (2016) und einer Handvoll anderer Produktionen absieht. Eine dieser Produktionen ist die britische Serie Heartstopper (seit 2022): Charlie Spring (Joe Locke) verliebt sich in den Rugbystar der Schule, Nicholas „Nick“ Nelson (Kit Connor). Seine Freunde versuchen schnell, ihm die vermeintlich unrealistische Schwärmerei auszutreiben. Oder besteht doch eine Chance, dass Nick nicht nur auf Mädchen steht?
Heartstopper erfreut sich insbesondere in der queeren Community allgemeiner Beliebtheit und kann schon lange nicht mehr als Geheimtipp gelten. Gerade unter meinen heterosexuellen Freunden besteht aber noch Nachholbedarf. Ich bin davon überzeugt: Die Welt wäre ein besserer Ort, wenn mehr Menschen Heartstopper sehen würden. Was macht die Serie so sehenswert?
Zuallererst der Grund, warum ich die Serie für die aktuelle Rubrik ausgewählt habe: Heartstopper punktet mit einer wohltuenden Portion Unbeschwertheit, was im Queer Cinema nicht unbedingt verbreitet ist. In anderen Produktionen sterben die queeren Liebesfiguren, die Beziehung zerbricht, oder die queere Liebe wird durchgehend problematisiert. Heartstopper zeichnet sich durch Momente aus, in denen das alles keine Rolle spielt. Das Verliebtsein, der erste Kuss und die ersten Schritte einer Beziehung sind so berührend und zärtlich dargestellt, dass sich jede Person in den dargestellten Emotionen wiederfinden dürfte, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung.
Ein weiterer Pluspunkt ist dann wiederum, dass die im Mainstream unterrepräsentierte queere Community einen Platz auf dem Bildschirm erhält (und der Cast erfrischend divers besetzt ist). Für eine Person wie mich, die von den Eltern mit heterosexuellen Liebeskomödien wie E-Mail für Dich (1998), Schlaflos in Seattle (1993) oder Mitten ins Herz (2007) sozialisiert wurde, war es beinahe erlösend, mit Heartstopper auch eine queere Liebesgeschichte zur Verfügung zu haben, die weitestgehend positive Stimmung versprüht.
Heartstopper kann bis zu einem gewissen Grad als queere Utopie gelten. Andererseits zeigt die Serie nicht nur ein problemloses queeres Leben – und auch das ist eine ihrer Stärken: Die Hürden und Verzweiflungen, die Teil des Alltags verschiedener Gruppen der queeren Community sind, werden realistisch abgebildet. Der einen oder anderen queeren Person dürften die dargestellten Situationen vertraut vorkommen. Menschen, deren Lebensrealität von solchen Momenten unberührt ist, bekommen wiederum einen Einblick, was es heißt, queer zu sein. Wenn Menschen durch das Schauen der Serie für andere Lebensrealitäten sensibilisiert werden würden, wäre das sicherlich der erwähnte Schritt zu einer besseren Welt.
Realistisch ist Heartstopper zudem in der Darstellung von Teenagern. Ab und zu werden Partys veranstaltet, aber mindestens genauso oft lassen die Figuren es ruhig angehen und machen es sich gemütlich. Wenn ich einen gemütlichen Abend verbringen will, fällt die Wahl der Serie jedenfalls leicht. Schaut euch Heartstopper an! – Felix
Crazy, Stupid, Love
Die Rom-Com (Romantic Comedy) ist ein Genre, das fast schon veraltet ist. Klassische Rom-Coms wie When Harry Met Sally (1989), You‘ve Got Mail (1998), Clueless (1995) oder Bridget Jones’s Diary (2001) sind alle mindestens 23 Jahre alt. Auch wenn einige Zeitungsartikel die neue Rom-Com Anyone But You (2023) mit Sydney Sweeney ein “Rom-Com-Revival” nennen, ist es fraglich, ob das Genre der romantischen Komödie nochmal so groß wird, wie es Anfang des 21. Jahrhunderts war. Der einfachste Grund dafür: Rom-Coms sind deutlich weniger profitabel als Superheldenfilme. Schauspieler wie Chris Evans, die man aus einigen Rom-Coms kennt, sind nach ihrem Durchbruch in High-Budget-Filmen wie Captain America (2011) nicht mehr in romantischen Komödien zu finden.
Es gibt aber auch Schauspieler*innen, die beides können. So haben Emma Stone und Ryan Gosling schon in Action- und Superheldenfilmen mitgespielt (The Amazing Spider-Man (2012), Drive (2011)), sind aber trotzdem wiederholt in romantischen Komödien zu sehen (Easy A (2010), Barbie (2023)).
Emma Stone und Ryan Gosling spielen in dem Film Crazy, Stupid, Love (2011) ein so harmonisches und aufregendes Paar, dass sie fünf Jahre später mit La La Land einen eigenen Film bekommen.
Und das zu Recht: Denn die beiden machen den Film Crazy, Stupid, Love mit ihrem sympathischen Auftreten, dem frechen Humor und der unübersehbaren Chemie, die sie miteinander teilen, zu einem unvergesslichen Filmerlebnis.
Aber auch die Storyline von Cal (Steve Carell) und Emily Weaver (Julianne Moore), die direkt zu Beginn des Films über eine Scheidung nachdenken, ist ein herzzerreißend ausgeführtes Narrativ des Films und zudem fantastisch gespielt.
Crazy, Stupid, Love ist eine Rom-Com wie keine andere. Sie behandelt nicht nur neue Liebe, sondern auch neu aufblühende Liebe einer gescheiterten Ehe, wie auch die erste Liebe, in einer wundervoll schlüssigen Geschichte mit knalligem Ende. Darüber hinaus verbindet die Komödie Themen wie Liebe, Romanze, Selbstbewusstsein, Verlust, Beziehungsängste, Minderwertigkeitskomplexe und Familie auf wundervoll humoristische und tragische Art. Crazy, Stupid, Love bringt einen zum Lachen, zum Weinen und zum Reflektieren – und ist damit der perfekte Feel-Good-Film. – Ivana
Captain Fantastic
Matt Ross‘ Captain Fantastic wurde 2016 veröffentlicht.
Ben (Viggo Mortensen) und Leslie (Trin Miller) leben mit ihren sechs Kindern fernab der Zivilisation im Wald. Sie versorgen sich selbst, jagen und pflanzen Lebensmittel an. Die Kinder gehen nicht zur Schule, sondern werden umfassend von ihren Eltern in Literatur, Philosophie, Mathematik, Naturwissenschaften und dem selbstversorgenden Lebensstil unterrichtet. Ben und Leslie gehen in ihrer Erziehung sehr offen mit gesellschaftlichen Tabu-Themen, wie Sex, Tod und mentalen Krankheiten um, und agieren dadurch als ein Gegenbeispiel zu bekannten bzw. vorherrschenden Erziehungsnormen.
Ein Zwischenfall in der Familie zwingt sie dazu, ihre Verwandtschaft in den klassischen US-amerikanischen Suburbs zu besuchen. Dabei werden charmant sowohl Teile der Erziehungsweise von Ben und Leslie hinterfragt, aber auch die gesellschaftlich etablierten Normen, mit denen die Kinder zum ersten Mal in Kontakt kommen. Das Publikum soll auch anfangen, die gelernten Normen zu hinterfragen. Der Film führt uns diese auf eine sympathische und lustige Weise vor.
Die Kernthemen der Handlung sind zudem Familie und Trauer. Der Film ist ernst, wenn es angebracht ist, und lockert auf, wenn es gebraucht wird. Es wird gezeigt, wie verschieden Menschen mit Trauer umgehen können und ob ihnen (und uns) eine andere Sichtweise auf den Tod nicht vielleicht dabei helfen würde. (Ohne zu viel vorwegzunehmen: Die für mich schönste Szene zeigt eine Beerdigung.)
Neben Viggo Mortensens fantastischem Schauspiel überzeugen auch die Bilder des Kameramanns Stéphane Fontaine (zuletzt erfolgreich mit Konklave, 2024). Szenen mitten aus der Natur machen Captain Fantastic zu einem wirklichen Feel-Good-Film. – Anastasia
Jurassic Park
Für Filmmusik kann ich mich ja grundsätzlich begeistern – sobald man sie hört, fühlt man sich gleich wieder in den dazugehörigen Film hineinversetzt und spürt die Spannung, die Freude, die Aufregung oder die Verzweiflung, die die jeweilige Handlung ausmacht. Kaum eine Titelmelodie löst in mir aber so ein Wohlgefühl aus wie das Thema von Steven Spielbergs Jurassic Park (1993), komponiert von John Williams. Das hört sich nämlich so sehr nach Nachhausekommen an, dass einem unwillkürlich warm ums Herz wird. Und wenn man den Film schaut und diese Musik genau dann zum ersten Mal erklingt, als man auch erstmals die beeindruckenden Dinosaurier in der weiten grünen Landschaft der Isla Nublar zu Gesicht bekommt, dann ist das immer wieder aufs Neue ein magischer Moment. Allein deswegen ist Jurassic Park für mich also schon ein Feel-Good-Movie.
Aber auch sonst überzeugt der Film auf allen Längen so sehr, dass ich ihn immer wieder schauen kann und immer wieder Spaß daran habe. Die Dialoge haben Witz, die Handlung ist spannend und die Action ist gepaart mit wunderschönen Landschaften und gelungenen visuellen Effekten, die dem Film einen seiner drei Academy Awards eingehandelt haben. Außerdem müssen einem die Hauptdarstellenden und ihre Rollen einfach sympathisch sein: Da haben wir den immer kritisch dreinblickenden Paläontologen Alan Grant (Sam Neill), den übercoolen Chaostheoretiker Ian Malcolm (Jeff Goldblum) mit seinem einzigartigen Humor und die taffe Paläobotanikerin Ellie Sattler (Laura Dern), die auf Malcolms Sinnieren über die neugeschaffenen Dinosaurier („Gott erschafft Dinosaurier, Gott vernichtet Dinosaurier, Gott erschafft Adam, Adam vernichtet Gott, Adam erschafft Dinosaurier.“) die ikonische Antwort gibt: „Dinosaurier fressen Adam, und Eva besitzt die Erde.“ Unterstützt werden die drei von einem Cast ebenso überzeugender wie bekannter Nebendarsteller*innen, darunter Samuel L. Jackson und Richard Attenborough. Und das ganze Konzept eines Freizeitparks voller urzeitlicher Tiere und Pflanzen, in dem dann natürlich etwas schief geht, funktioniert einfach – sogar so gut, dass dieses Jahr mit Jurassic World: Die Wiedergeburt ein siebter Teil der Filmreihe in die Kinos kommen soll. Zwar kann sich außer dem direkten Nachfolger Vergessene Welt: Jurassic Park (1997), den ich wahrscheinlich noch öfter als den ersten Teil gesehen habe, keine der Fortsetzungen wirklich mit der besonderen Stimmung des Originals messen, aber Spaß macht das Dinosaurierchaos trotzdem immer wieder.
Sicherlich würde man Jurassic Park nicht als anspruchsvollen Film bezeichnen, aber auch das gehört irgendwie zu einem Feel-Good-Movie dazu: Dass man sich dabei entspannt, darüber lacht, ganz in diese Welt eintaucht und auf jeden Fall gut unterhalten wird, selbst wenn man die Handlung vorhersehen kann – oder sie schon in- und auswendig kennt. Da man den Film im Zweifel erstmals als Kind oder zumindest vor langer Zeit gesehen hat, sorgt jedes erneute Schauen zudem für die nötige Prise Nostalgie, die den Wohlfühl-Kinoabend perfekt macht. Letztendlich beweist Jurassic Park auch, dass nicht immer Romantik im Vordergrund stehen muss, damit etwas die Bezeichnung „Feel Good“ verdient hat – denn solange die Lieblingsfiguren am Ende wohlauf sind und wieder untermalt von dem wunderschönen Thema gen Sonnenuntergang fliegen, darf meiner Meinung nach sogar in einem Wohlfühlfilm mal ein bisschen Blut fließen. – Sonja