Neues vom Film Festival Cologne 2024

Tag 3 – 21. Oktober

Mein vorletzter Tag beim Film Festival Cologne bestand wieder aus zwei Spielfilmen, von denen einer zugegeben eine „Ich möchte nicht nur für einen Film nach Köln fahren“-Notlösung war. Aber auch der Film hat es verdient, ihn ganz unvoreingenommen zu gucken. Schließlich hat er eine starke Besetzung, eine interessante Prämisse und es war ein Film, den ich höchstwahrscheinlich nie geguckt hätte, wenn er nicht einfach gut in den Zeitplan gepasst hätte. Für das anschließende Q&A, das The Assessment aufgrund seiner Vorführung im Rahmen des NRW-Wettbewerbs hatte (es wurden Filme gezeigt, die mit Beteiligung des Bundeslandes entstanden), konnte ich leider nicht bleiben. Ich musste einen Zug erwischen. Doch wenden wir uns zuerst einer der absoluten Größen des europäischen Kinos zu.

The Room Next Door

Pedro Almodovars erster englischsprachiger Spielfilm handelt von der Kriegsberichterstatterin Martha und der Autorin Ingrid. Die beiden Freundinnen treffen sich nach etlichen Jahren wieder, als die krebskranke Kriegsreporterin ihre frühere Kollegin darum bittet, sie auf eine letzte Reise zu begleiten. Es fällt mir schwer, meine Gefühle zu The Room Next Door in Worte zu fassen. Es ist ein Film, den ich einen Großteil seiner Laufzeit respektiert, aber nicht unbedingt bewundert habe, bis mich auf einmal die letzten 10 Minuten tief beeindruckten. Almodovar ist und bleibt ein Meister seines Fachs. The Room Next Door ist nicht einer seiner besten Filme, reiht sich aber nahtlos in seine späte Karrierephase ein. Im Alter hat sich das Werk des früher oft durch seine Transgressionen bekannten Regisseurs von bekannten Filmen wie Fessle mich! und Sprich mit ihr zu sanfteren und melancholischen Melodramen wie seinem autobiografisch inspirierten Leid und Herrlichkeit entwickelt. Dabei betritt The Room Next Door keine unbekannten Gefilde, weiß aber mit Hilfe seiner beiden Hauptdarstellerinnen tief zu berühren. Die satten Farben des Filmes geben ihm Almodovars bekannte bildschöne Ästhetik und in der Geschichte, die unsere Art mit dem Leben abzuschließen behandelt, kann man herbei deuten, wie sich Almodovar im Alter selbst mit seiner Vergangenheit und der Sterblichkeit beschäftigt. Noch will man gar nicht darüber nachdenken, aber auch er kann uns nicht auf ewig erhalten bleiben. Seine Filme allerdings schon. The Room Next Door läuft bereits ab dem 24. Oktober in den deutschen Kinos.

The Assessment

In einer vom Klimawandel verwüsteten Erde entscheidet der Staat über die Eignung eines jeden Paares, Kinder zu bekommen. Als Mia und Aaryan sich für eine Prüfung entscheiden, zieht eine Gutachterin ein, um sie zu testen. The Assessment ist ein leicht skurriler Science-Fiction-Film, dessen Prämisse schnell zu komischen und immer aufs Neue unerwarteten Psychospielchen ausartet. Es entwickelt sich eine leicht schwarzhumoristische Dreiecksbeziehung zwischen dem Paar und der Begutachterin. Das ist spannend anzuschauen, verliert sich aber irgendwann ein wenig in seinen Absurditäten. Ein Höhepunkt, wie eigenartig und unbehaglich die Aktionen der Begutachterin sein können, ist schnell erreicht, doch der Film setzt so oft noch etwas drauf, dass es allmählich etwas willkürlich erscheint. Gerade in der zweiten Hälfte riefen ein paar Entscheidungen des Films gemischte Reaktionen in mir vor. The Assessment findet aber seinen Fokus wieder, als er im letzten Teil des Films zu einer Auflösung kommen muss und für jede seiner Figuren ein passendes Ende finden kann. Es kommt zu ein paar offensichtlichen Wendungen, aber auch wenn nicht alles überzeugt, so ist man fasziniert von der Konstellation der Welt. Ein zumindest immer interessanter Film. The Assessment soll vorraussichtlich am 3. April in die deutschen Kinos kommen.

Die Festivalwoche neigt sich langsam dem Ende zu. Für mich steht nur noch ein Film an, nämlich der iranische The Seed of the Sacred Fig. Ein Film mit einer einzigartigen Produktionsgeschichte. Der Regisseur Mohammad Rasoulof musste kurz nach der Fertigstellung des Filmes aus dem Land fliehen. Es wird daher ein politisch brisanter und hoffentlich würdiger Abschluss.