Elvis: Aus Liebe zum Exzess

9 Jahre nach seiner Verfilmung von The Great Gatsby, meldet sich Baz Luhrmann mit einem Film über eine der großen Ikonen des Rock and Roll zurück. Wie zu erwarten, wählt er damit ein Thema, dass größer und spektakulärer kaum sein könnte. Und doch stellt sich bei einer solchen Fülle an Biopics über die berühmten Sänger des 20. Jahrhunderts (Freddie Mercury und Elton John als zwei der großen Beispiele aus den letzten Jahren), mittlerweile auch immer die Frage, was man der Formel denn überhaupt noch hinzufügen kann. Wenig überraschend lautet Luhrmann’s Antwort: Baz Luhrmann. Sein überbordender Stil erweckt eine Figur zum Leben wie es kein anderer Regisseur machen könnte. Luhrmann selbst interessiert sich dabei wohl weniger für die Fakten, als für die künstliche Figur auf der Bühne. Der Film ist eine tragische Geschichte über die Ikone Elvis und den Niedergang der Person hinter dessen Fassade. Er gibt uns ein Bild davon, wie es sich angefühlt haben muss dabei zu sein als Elvis die Bühne betrat und wie dieses Bühnenbild entstanden ist. Dabei entscheidend ist die gewählte Perspektive des Colonel Tom Parker, der als unzuverlässiger Erzähler des Filmes dient.

Tom Parker, der berüchtigte Manager von Elvis Presley, ist im Film der Überzeugung derjenige zu sein, der das Phänomen erst erschaffen hat. Und so entdeckt man Elvis auch durch die Augen des Colonels, angefangen mit einer Radioaufnahme. Die gesamte Montagesequenz, welche einem kaum Zeit zum Atmen lässt, kulminiert schließlich mit dem ersten großen Bühnenauftritt von Elvis, als man Zeuge seiner wuchtigen Darstellung wird. Gelenkt wird dies in der Narration von Tom Hanks, der hier mit einem gewöhnungsbedürftigen, jedoch tonal durchaus passendem Akzent die schweren Geschütze auffährt. Sein Colonel mag beinahe einer Karikatur gleichen, doch es ist gerade diese Künstlichkeit, die so gut zu dem, in Wahrheit aus den Niederlanden kommenden Mann passt, welcher zu jedem Zeitpunkt übertrieben betont allen seine amerikanische Herkunft glaubhaft machen möchte. Die Mischung aus Boshaftigkeit aber auch Komik könnte nicht besser zu Baz Luhrmann passen. Der Trubel hinter den Kulissen des Weihnachtsspecials wird insbesondere zu einem der komödiantischen Highlights des Films, als Parker in einem urkomischen Weihnachtsaufzug nie aufhört zu beteuern, Elvis würde jetzt auch wirklich wie abgesprochen die Weihnachtslieder spielen. Gerade hier entsteht aber auch die Spannung zwischen dem kommerziellen Image, welches Parker aufbauen möchte und der Ikone zu der Elvis wird.

Bereits in dem ersten musikalischen Auftritt des Films, legt Luhrmann besonderen Wert auf die Reaktionen der Zuschauer. Die revolutionäre Art der Begeisterung unter den Zuschauern, steht merklich entgegen vieler moralischer Werte der Zeit und wird daher für viele autoritäre Figuren geradezu als provokant angesehen. Der Film erscheint hier sogar weniger wie eine Biografie, sondern mehr wie eine Darstellung dessen, wie es sich damals angefühlt haben muss Elvis zu erleben. Man wird in einem subjektiven Gefühlsbild Zeuge dessen, wie die Welt Elvis aufnahm und wie sich sein Image im Laufe der Zeit wandelte. Austin Butler ist dabei schlichtweg hervorragend in der Rolle und das Herzstück des Films. Er versprüht eine solche Attraktivität und Anziehungskraft, dass man sie praktisch mit der von Elvis gleichsetzen kann und hat die bestimmten Verhaltensweisen, gerade auch auf der Bühne, gänzlich drauf, ohne es jemals zu einer substanzlosen Nachahmung verkommen zu lassen. Der Film porträtiert dabei auch wie ansteckbar die Ekstase der Fans ist und wie selbstzerstörerisch die Sucht danach sein kann. Es ist eine Tragödie darüber, wie hinter der Ikone ein Mensch zerstört wird. Man mag dem Film durchaus vorwerfen können über ein paar diskutable Aspekte hinwegzugehen. Gerade die Beziehung mit Priscilla Presley wird nicht viel weiter ausgebaut, als dass sie seine große Liebe sei und die Parallelen zu der afroamerikanischen Musik werden zwar äußerst effektiv und fesselnd inszeniert, aber die Aneignung dieser kommt vielleicht zu oberflächlich daher. Andererseits umgeht der Film dabei, sich zu sehr auf Priscilla Presley als geplagte Ehefrau festzusetzen, da sie für den Colonel vielmehr eine nicht gern gesehene Ablenkung darstellt. Schlussendlich kann man dem Film nur schlecht vorwerfen, er würde nicht genau das erreichen, was er erreichen will.

Was er erreicht, ist ein Film mit einer Perspektive auf Elvis als kulturelles Phänomen zu sein, der aus Tom Parkers Perspektive erzählt wird, welcher dieses Phänomen für seine Zwecke nutzen möchte. Der Film erzählt die Geschichte von Elvis als legendäres Ikon und somit von der Figur, an die sich die Menschen erinnern werden. Erneut schafft Baz Luhrmann eine Welt der Ekstase und blickt in die Abgründe dieser, indem er uns eine seiner Tragödien darbietet, in der der Mensch ein Ende findet und nur das Äußerliche und Glitzernde weiterlebt.