Marilyn Monroe – Ikone des Film und des Feminismus

Ein Artikel von Alice Schwarzer über Marilyn Monroe brachte mich kürzlich dazu, über mein eigenes Verständnis von Feminismus nachzudenken. In ihrem Beitrag erklärt Schwarzer, sie sei schon lange ein großer Fan der Schauspiel-Ikone Monroe. Mein erster Gedanke dazu war: „Wow, wir haben eine Gemeinsamkeit“. Der zweite: „Wie kann eine der bekanntesten Frauenrechtlerinnen Deutschlands Fan der Monroe sein, deren Filme doch zahlreiche stereotype Frauendarstellungen beinhalten und Klischees bedienen?“

Doch nach der Lektüre des Artikels habe ich gemerkt, dass diese Faszination überhaupt keinen Widerspruch darstellt. Gleichzeitig habe ich festgestellt, wie sehr ich selbst in meiner Wahrnehmung und Beurteilung noch von Vorurteilen beeinflusst werde. Und es hat sich mal wieder gezeigt, was für so viele Bereiche des Lebens gilt, nämlich dass ein vorschnelles Urteil nicht immer tauglich ist und es sich immer lohnt, die Dinge genauer und differenzierter zu betrachten.

Marilyn Monroe wird am 1. Juni 1926 in Los Angeles als Norma Jeane Baker geboren. Den Namen Marilyn Monroe nimmt sie erst später an. Ihre leibliche Mutter, Gladys Pearl Baker, arbeitet in der Filmindustrie und zieht ihre Tochter nicht selbst auf. Der leibliche Vater des Babys ist nicht bekannt. Die junge Norma Jeane wächst in verschiedenen Pflegefamilien auf, zeitweise lebt sie im Waisenhaus. Gladys kann nicht selbst für ihre Tochter sorgen, einerseits fehlen ihr die finanziellen Mittel, andererseits ist sie psychisch labil. Nach einem Nervenzusammenbruch wird Gladys in die Psychiatrie eingewiesen, die sie Zeit ihres Lebens nicht mehr verlassen wird. Dieser frühe Verlust und die Angst vor dem Verlassenwerden prägen das Kind Norma Jeane nachhaltig. Auch als sie längst eine berühmte Schauspielerin und umschwärmte Frau ist, kann sie diese prägenden Erlebnisse in ihrer Kindheit nicht vergessen und die damit verbundenen Ängste nie ganz ablegen. Psychische Probleme werden die Schauspielerin ihr Leben lang begleiten.

Kurz nach ihrem 16. Geburtstag heiratet Marilyn den Nachbarsjungen James Dougherty. Diese Ehe sorgt für ein gewisses Maß an Sicherheit, denn die Alternative für das minderjährige Mädchen wäre erneut das Waisenhaus gewesen. Gleichzeitig bedeutet die Heirat auch das Aus für die schulische Laufbahn Monroes, einen Schulabschluss konnte sie nicht absolvieren. Drei Jahre später wird Marilyn als Model entdeckt, und ihre Karriere nimmt langsam ihren Lauf. Die Ehe von Monroe und Dougherty hält nicht, Mitte der 40er Jahre kommt es zur Scheidung des jungen Paares.

Vor allem in den 1950er Jahren feiert Marilyn Monroe internationale Erfolge mit Filmen wie Manche mögen’s heiß oder Blondinen bevorzugt. Ikonisch ist ihr Auftritt vor allem in dem Film Das verflixte 7. Jahr, als sie mit wehendem Kleid über einem U-Bahnschacht steht.

In den meisten ihrer Rollen spielt Monroe die hübsche, aber naive und einfältige Blondine. Sie ist auf die Rolle der kurvigen Schönheit abonniert. Nur mit wenigen Rollen kann sie das Fach der seichten Komödie verlassen, wie etwa mit ihrer Rolle der Rose in dem Thriller Niagara.

Ihrer ersten Ehe folgen noch zwei weitere, die aber auch zerbrechen. Ehemann Nummer zwei ist der Baseball-Held Joe DiMaggio. Auf ihn folgt der intellektuelle Dramatiker Arthur Miller. Alice Schwarzer betrachtet die Beziehung zu Miller als Ausdruck des Wunsches nach Wissen und Intellekt. Und genau hier liegt ein zentraler Punkt. Denn am Beispiel von Marilyn Monroe zeigt sich eine Problematik, die für so viele Frauen galt und immer noch gilt. Eine Frau kann nur eins sein: nämlich entweder schön oder schlau. Und vor allem kann sie sich das nicht selbst aussuchen. So konnte Monroe vermutlich nie ihr ganzes Können vor der Kamera unter Beweis stellen und spielte immer ähnliche Rollen. Sie war die sexy Blondine, und sie bleib die sexy Blondine. Mehr wurde ihr nicht zugetraut oder man wollte schlichtweg das Bild der Ikone nicht um eine neue Nuance erweitern. Einer attraktiven Frau wird auch heute noch schnell die Kompetenz abgesprochen, einer klugen Frau wird wiederum häufig abgesprochen, attraktiv und anziehend sein zu können. Damals wie heute werden Frauen anhand ihres äußeren Erscheinungsbildes vorschnell bewertet und in eine Schublade gesteckt. Diese Form des Bewertens und Kategorisierens habe ich bei der Betrachtung von Männern noch nicht beobachtet. Natürlich möchte ich nicht leugnen, dass sich im Vergleich zu den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts viele Dinge für Frauen verbessert haben. Dennoch bin ich der Ansicht, dass es in dieser Hinsicht noch viel Spielraum nach oben gibt.

Für mich zeigt sich eine Essenz des Begriffs Feminismus in der Lebensgeschichte der Monroe. Feminismus bedeutet für mich vor allem Freiheit. Dahinter steht die Freiheit von Frauen, autonome Entscheidungen zu treffen und ihr Leben eigenverantwortlich und unabhängig von Männern zu gestalten. Gleichzeitig steht Feminismus für mich ebenso für Vielfalt. Denn so wie jeder Mensch einzigartig ist, so ist auch jede Frau individuell und unterscheidet sich von anderen Frauen. Diese Vielfalt spiegelt sich in den Entscheidungen der Frauen wider. Diese Vielfalt und Freiheit verbieten eine Kategorisierung und pauschale Rollenzuschreibung. Eine Frau kann nämlich vieles sein, und dabei durchaus vermeintlich ambivalente Eigenschaften in sich vereinen. Frauen können schön und attraktiv sein, erfolgreich, zielstrebig und dennoch mitfühlend. Marilyn Monroe hat es damals schon gezeigt, und viele Frauen stellen es in der Gegenwart jeden Tag unter Beweis.